Doppelte Standards

Nach einer sich über mehrere Monate hinziehenden Krise hat der pakistanische Diktator Pervez Musharraf die „rote Moschee“ in Islamabad, in der sich Islamisten verschanzt hatten, durch das Militär stürmen lassen. Verschiedenen Angaben zufolge wurden dabei auf dem Gelände vermutlich über 100 Menschen getötet, unter ihnen der Anführer des Aufstandes.

Im Standard kommentiert Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik den Konflikt und erläutert, „warum gerade jetzt … der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ihn zu beenden“. Bis jetzt habe die Regierung es verabsäumt, eine Lösung herbeizuführen. Die Islamisten forderten ein „Islamisierung des Landes und die Einführung der Scharia nach dem Muster der Taliban. Das kann die Regierung natürlich nicht akzeptieren.“ Musharraf nehme „das Heft in des Handelns in die Hand und demonstriert auch dem Ausland die Stärke seiner Regierung.“ Die Kommentare Wagners heben sich nicht vom allgemeinen Tenor der Berichterstattung ab. Wird Kritik am Vorgehen Musharrafs geäußert, so lautet der Vorwurf in der Regel, dass der Präsident zu lange gewartet habe, um dem islamistischen Spuk (zumindest an diesem einen Ort) ein Ende zu bereiten.

Bereits mehrere Wochen dauert nun auch schon der Konflikt zwischen der libanesischen Armee und der islamistischen, von Syrien unterstützten Gruppierung Fatah al-Islam an, der sich auf das Flüchtlingslager Nahr al-Bared konzentriert. Der Standard berichtet: „Seit Ausbruch der Kämpfe starben insgesamt mindestens 96 Soldaten, 70 Milizionäre und 44 Zivilisten.“ Auch in diesem Fall kann von internationaler Kritik kaum gesprochen werden, ganz im Gegenteil. Das Vorgehen der libanesischen Regierung kann sich breiter Unterstützung erfreuen und wird als notwendige Aktion gutgeheißen.

In beiden Fällen ist das Vorgehen der jeweiligen Regierungen gerechtfertigt: Sowohl die pakistanischen Koranschüler der „roten Moschee“ als auch die Islamisten im Libanon müssen – wenn nötig auch militärisch – bekämpft werden. Bezeichnenderweise sehen die internationalen Reaktionen aber immer ganz anders aus, wenn es Israel ist, das sich gegen islamistische Terroristen zur Wehr setzt. Geht es um Hamas oder Hisbollah, ist es vorbei mit der Einigkeit im Kampf gegen den Terror. Leider nur allzu gut vorstellbar ist der Aufschrei, der rund um die Welt ginge, sollte Israel wieder einmal gezwungen sein, gegen Islamisten vorzugehen, die sich in palästinensischen Flüchtlingslagern verschanzt haben – die Empörung über das nie stattgefundene „Massaker von Jenin“ im April 2002 bot dafür ein höchst anschauliches Beispiel. Noch schlimmer gar die Vorstellung, die israelische Armee würde einen großen Moscheekomplex stürmen, um darin verbarrikadierter Terroristen habhaft zu werden. Die Kommentare der Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik würden, milde gesagt, etwas anders aussehen als im Falle der „roten Moschee“ in Islamabad – vom obligatorischen verbalen Amoklauf gegen Israel bei den Vereinten Nationen einmal ganz abgesehen. So sehen doppelte Standards aus; so sieht der aufs Parkett der internationalen Politik verschobene Antisemitismus aus.

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