Kapitulation ersten Ranges

 

Seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen ist die internationale Staatengemeinschaft mit einer ihrer liebsten Übungen beschäftigt. Um eine Ausbreitung islamistischer Herrschaft auf das Westjordanland zu verhindern, gelte es, die „moderaten“ Kräfte gegen die „radikalen“ Bösewichter zu stärken. Neu ist das alles freilich nicht. Mit exakt den gleichen Argumenten wurde bereits in den siebziger Jahren die Unterstützung des Paten des internationalen Terrorismus, Jassir Arafat, begründet.


Galten früher Gruppierungen wie die PFLP als radikale Gegner jeder friedlichen Konfliktlösung, so wird diese Rolle heutzutage von den Kriegern unter der grünen Flagge des Islam überzeugend zum Besten gegeben. Schon damals hatte die Aufteilung der palästinensischen Terrororganisationen in „radikale“ und „moderate“ Kräfte einen seltsamen Beigeschmack, denn schließlich war es die Fatah selbst, die unter dem Decknamen Schwarzer September eine Blutspur über den halben Globus zog. Arafats vermutlich größte Leistung bestand denn auch darin, sich dem Westen gegenüber als „Moderater“ zu präsentieren, während westliche Geheimdienste Telefonate mithörten, in denen er persönlich von seinem Hauptquartier in Beirut aus die Ermordung von Geiseln anordnete.

Arafat ist mittlerweile ebenso tot wie der „Friedensprozess“, für den der rais einst den Friedensnobelpreis verliehen bekam. Nunmehr ist es Mahmud Abbas, dem die geballte Unterstützung der Europäischen Union und der USA gilt. Hilfszahlungen, die nach dem Wahlsieg der Hamas bei den palästinensischen Parlamentswahlen eingefroren wurden, sollen freigegeben werden; die palästinensischen Sicherheitskräfte können sich über neue, amerikanische Waffen freuen; direkte Verhandlungen mit Israel sollen, so lautet die allgemeine Forderung, für die Palästinenser in der Westbank zu spürbaren Erleichterungen führen. Als eine der wichtigsten Gesten gilt die Ankündigung der Regierung Olmert, die Verfolgung von 178 Terroristen der al-Aqsa-Märtyrerbrigaden einzustellen, sollten diese im Gegenzug die Abkehr vom bewaffneten Kampf verkünden und ihre Waffen abgeben. Gleichzeitig gab die israelische Armee bekannt, ihre seit fünf Jahren durchgeführten nächtlichen Razzien nach Terrorverdächtigen im Westjordanland einzustellen. Was im westlichen Ausland als symbolischer Akt der Vertauensbildung bejubelt wird, stellt sich für Caroline Glick, Kolumnistin der Jerusalem Post, etwas anders dar: „The goverment’s decision to grant immunity to these terror-masters represents a complete breakdown of Israeli strategic thinking.“ Der israelische Journalist Aaron Klein hat sich die Liste jener Kämpfer genauer angesehen, die in Zukunft unangetastet ihr Unwesen treiben können. Galt bislang noch der Grundsatz, dass Terroristen „mit Blut an den Händen“ nicht Gegenstand irgendwelcher Verhandlungen sein könnten, so ist das nunmehr vollkommen hinfällig. Eine Auswahl aus der noch nicht vollständig bekannten Liste:

Ala Senakreh: Chef der al-Aqsa-Brigaden im Westjordanland, verantwortlich für die Entsendung mehrerer Selbstmordattentäter in den Jahren 2005 und 2006

Kamal Ranam: Chef der Brigaden in Ramallah, verantwortlich für eine Vielzahl von Schussattentaten auf Israelis mit mehreren Todesopfern

Zacharia Zbeidi: Chef der al-Aqsa-Brigaden in Jenin – jener Stadt also, aus der die meisten Selbstmordattentäter seit dem Beginn des Terrorkrieges seit September 2000 stammen

Abu Yousuf: ranghohes Mitglied der al-Aqsa-Brigaden in Ramallah; verantwortlich für mehrer tödliche Anschläge

Nasser Abu Aziz: stellvertretender Chef der Brigaden, in dessen Verantwortung mehrere Selbstmordanschläge fallen, die in Zusammenarbeit mit dem Islamischen Djihad durchgeführt wurden. Aziz kommentierte die angekündigte Amnestie als „zu schön um wahr zu sein“, ist aber davon überzeugt, dass es sich in Wahrheit um eine israelische Verschwörung gegen seine Kämpfer handelt.

Die de facto Immunitätsgewährung für diese Männer kommt einer Kapitulation ersten Ranges gleich. Angesichts dessen kann die Rede von einer Stärkung der „moderaten“ Kräfte nur als zynischer Witz betrachtet werden. Diesen Schluss zieht auch Caroline Glick: „The Israeli people must remember to laugh when the bombs begin to drop.”

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