Kleiner Lehrgang: Wie man Beziehungen zur EU verbessert

Sind Sie zufälligerweise ein Diktator, auf dessen Konto die Ermordung einer stattlichen Anzahl von Bürgern westlicher Staaten geht? Sitzen Sie auf kostbaren Rohstoffen, die Sie leider nicht so richtig ausbeuten können, weil Sie aufgrund Ihrer jahrzehntelangen Unterstützung von Terroristen geächtet sind? Und kommen Sie auf Ihre alten Tage auf die Idee, dass bessere Beziehungen zum Westen vielleicht doch keine so schlechte Sache wären? Wenn dem so ist, dann gibt es überhaupt keinen Grund zu verzweifen – Libyen hat dieser Tage vorgemacht, wie man in dieser verzwickten Lage vorgehen muss. Das Rezept ist ganz einfach.

Man nehme einige ausländische Arbeitskräfte, zum Beispiel bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt, in Haft. Was ihnen vorgeworfen wird, ist eigentlich recht egal. Besonders gut eignen sich aber absurde Gruselgeschichten, wie etwa der Vorwurf, die Schwestern und der Arzt hätten absichtlicherweise hunderte libysche Kleinkinder mit AIDS infiziert. Sodann wirft man die Beschuldigten in einen Kerker und foltert sie, bis sie alles gestehen. Anschließend geht es ab in den Gerichtssaal, wo man sie in einem grotesken Schauprozess zum Tode verurteilt. Um die Geschichte noch dramatischer zu gestalten, wiederholt man das unwürdige Schauspiel in mehreren Instanzen. Jetzt kommt der entscheidende Teil: Gegen die Zahlung eines ansehnlichen Lösegeldes wandelt man die Todesurteile in lebenslange Haftstrafen um und liefert die Delinquenten an ihr Heimatland aus. Was dann mit ihnen geschieht, ist nebensächlich.

So einfach geht das: Geiseln nehmen, Lösegeld kassieren, fertig. EU-Kommissionspräsident Baroso wird erfreut verkünden, jetzt seien die Voraussetzungen für bessere Beziehungen gegeben. EU-Aussenkommissarin Ferrero-Waldner wird bekräftigen, dass eine “neue Seite” in den Beziehungen begonnen habe. Noch vor der Auslieferung wird die EU ein Kooperationsabkommen verabschieden. Und die Zeitungen werden hoffnungsfroh in die Zukunft blicken, mit Schlagzeilen wie dieser: “Ende der Krise, Beginn des Aufschwungs”.

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