Frieden mit Syrien?

Ende November wird in Annapolis die Nahostkonferenz stattfinden, die US-Präsident George W. Bush in einer Rede im Juli diesen Jahres angekündigt hat. Die im Vorfeld geäußerten Erwartungen lassen ein Scheitern dieses Treffens schon jetzt als wahrscheinlichsten Ausgang erscheinen. Unklar ist nicht nur, was auf der Konferenz im Detail besprochen werden, sondern ebenso, wer eigentlich am Verhandlungstisch Platz nehmen soll.

Wie vor einigen Tagen bemerkt, ist von Bushs ursprünglichem Vorschlag nicht viel übrig geblieben. Der Ankündigung zufolge sollten Vertreter aller beteiligten Konfliktparteien teilnehmen, die zumindest in vier Punkten übereinstimmen: der Unterstützung einer Zweistaatenlösung, der Ablehnung von Gewalt, der Anerkennung des israelischen Existenzrechtes und dem Festhalten an bisher geschlossenen Verträgen. Angesichts dieser Kriterien muss es doch zumindest stutzig machen, dass auch Syrien auf der Konferenz vertreten sein wird, widerspricht der Nationalislamismus des syrischen Regimes doch jedem einzelnen dieser vier Punkte.

Die Gründe für eine Einladung Syriens sind unschwer nachzuvollziehen: Würde es tatsächlich zu einem Friedensvertrag zwischen Israel und Syrien kommen und würde die baathistische Diktatur in Damaskus ihre Unterstützung der Feinde Israels (von der Hamas über den  Islamischen Djihad bis zur Hisbollah) einstellen, wäre zweifelsohne ein wichtiger Schritt in Richtung einer Lösung des Konflikts getan. Aus diesem Grund drängte die Iraq Study Group unter der Leitung von James Baker und Lee Hamilton u.a. auf eine intensive diplomatische Einbindung des Regimes Bashar al-Assads; und aus ebendiesem Grund zeigen sich die Unterzeichner eines offenen Briefes an Präsident Bush, veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe des New York Review of Books, auch erfreut über die Einladung Syriens: „A breakthrough on this track could profoundly alter the regional landscape.“

So erfreulich ein Durchbruch auf der syrischen Schiene auch wäre, so illusorisch ist es, sich diesbezüglich große Hoffnungen zu machen. Warum das so ist, hat Barry Rubin in seinem unlängst veröffentlichten Buch „The Truth About Syria“ überzeugend dargelegt. Rubin schließt seine Ausführungen mit zehn einfachen Fragen:

1. Wäre es vorteilhaft, wenn es Frieden im Nahen Osten gäbe?
2. Sollte Terrorismus beendet und dessen staatliche Förderer für ihre verdeckten Aggressionen gegen Nachbarstaaten zur Verantwortung gezogen werden?
3. Wäre es gut, wenn es an der israelisch-libanesischen Grenze nicht ständig zu Auseinandersetzungen käme?
4. Soll der Libanon sich zu einem stabilen und unabhängigen Staat mit einer Regierung entwickeln, die tatsächlich Autorität über das gesamte Land ausübt?
5. Soll der israelisch-palästinensische Konflikt durch einen Friedensvertrag beendet werden?
6. Würden die USA im Nahen Osten auf mehr Unterstützung treffen, wenn unter ihrer Leitung Friedensverträge unterzeichnet würden?
7. Sollte der Iran sein Nuklearwaffenprogramm aufgeben und von einer moderaten, demokratischen Regierung geführt werden?
8. Sollte der blutige Konflikt im Irak auf eine Art und Weise beendet werden, die es allen Bevölkerungsgruppen erlauben würde, in Frieden in einem moderaten, demokratischen Staat zu leben?
9. Sollten die arabischen Diktaturen von der Bühne abtreten und liberalen Demokratien Platz machen?
10. Wäre es schließlich nicht vorteilhaft, wenn Syrien zu einem demokratischen Staat würde, in dem auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung gesetzt würde, statt auf Krieg und Subversion?

Das Problem besteht nun darin, dass Israel und der Westen all diese Fragen mit “ja” beantworten würden, während das Regime in Damaskus jede einzelne glatt verneint (in Worten, viel mehr aber noch in Taten), weil ihm all die angesprochenen Entwicklungen nicht zu Unrecht als tödliche Bedrohung der eigenen Existenz erscheinen. Die erbämliche Diktatur Assads, die der eigenen Bevölkerung außer Unterdrückung, Stagnation und ständigem Konflikt nichts zu bieten hat, sieht im anhaltenden “Widerstand” gegen “Imperialismus” und “Zionismus” ihre einzige Überlegenschance – ein Blick in diese Grundsatzrede Assads aus dem August 2006 sollte diesbezüglich alle Unklarheiten beseitigen.

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