“Meinungsterror”

In der Presse empört sich Christian Ultsch darüber, dass im demokratischen Wahlkampf die Anhänger Hillary Clintons nun zu unfairen Mitteln greifen würden, weil Barack Obama in einer fairen Auseinandersetzung nicht zu stoppen sei. Die Meldung wäre an und für sich keine Sensation – angeblich soll es (selbst außerhalb der USA) schon das eine oder andere Mal vorgekommen sein, dass Wahlkampfstrategen es für geboten halten, mit geschickt lancierten Informationen Konkurrenten auszubremsen. Woher also die Aufregung? Ganz einfach: Ultsch hat den wahren Schuldigen hinter der vermeintlichen Schmutzkübelkampagne ausgemacht – die Israel-Lobby.

Angeblich, so ist Ultschs Kommentar zu entnehmen, habe das Clinton-Team Mails verschickt, in denen Obama unterstellt wird, er wolle „von Israel abrücken …. Abgeleitet wird der Humbug unter anderem daraus, dass Ex-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski den Präsidentschaftskandidaten berät.“ Der sei „allein deshalb suspekt, weil er das zu Recht umstrittene Buch ‚Die Israel-Lobby’ lobte.“ Nun ist es wahrlich nicht skandalös, an der geistigen Verfasstheit eines Mannes zu zweifeln, der sich als Fan eines Machwerks outet, das selbst Ultsch als „zu Recht umstritten“ bezeichnet. Doch entzündete sich die jüngst aufgekommene Kritik in erster Linie gar nicht an Brzezinski, sondern an einem anderen Mitglied von Obamas außenpolitischen Beraterteam.

Robert Malley war im Jahr 2000 Teil der amerikanischen Delegation bei den Nahostfriedensgesprächen in Camp David. Seit die Verhandlungen an der grundsätzlichen Verweigerungshaltung Arafats scheiterten, hat Malley eine Mission: Er will der ganzen Welt erklären, dass in Wirklichkeit alles ganz anders abgelaufen ist, als alle anderen Beteiligten (von Expräsident Clinton bis zu dessen Nahostbeauftragten Dennis Ross) es schildern. Malleys Darstellung zufolge war es nicht Arafat, der die Verhandlungen platzen ließ und einen Terrorkrieg gegen Israel vom Zaun brach, sondern – Sie können die Spannung sicher kaum mehr ertragen – die Israelis tragen die Schuld an der Konfrontation. Diese frei erfundene Version erntete prompt gebührenden Applaus unter der großen Schar linker und rechter Israelhasser, allen voran Norman Finkelstein. Seitdem steht Malley Tastatur bei Fuß bereit, um in einer Vielzahl von Artikeln das immergleiche Verdikt über Israel zu fällen und eine enge Zusammenarbeit des Westens mit islamistischen Gruppen zu fordern.

Es ist nur mehr als berechtigt, auf den Widerspruch hinzuweisen, der sich auftut, wenn man Barack Obamas öffentliche Parteinahme für Israel mit den Positionen jener Leute konfrontiert, die seinen außenpolitischen Beraterstab ausmachen. Robert Malley wäre mit Sicherheit ein glänzender Redakteur für linke, pro-palästinensische Propagandablätter wie den London Review of Books; als Berater des möglichen zukünftigen amerikanischen Präsidenten ist dieser Apologet islamistischer Terrorbanden allerdings denkbar ungeeignet. Christian Ultsch sieht die Sache freilich anders: Nachdem er Malley mit keinem Wort erwähnt und damit die Diskussion über Obamas Team bis ins Unkenntliche verzerrt, beurteilt er die Kritik als „abstoßend(en) … Meinungsterror übermotivierter Freunde Israels“ und „unverschämte Verzerrung der Wahrheit“. Ich weiß nicht, warum Ultsch Walts/Mearsheimers „Israel-Lobby“ als „zu Recht umstritten“ bezeichnet. Klar ist nur, dass sein Kommentar ebenso gut aus deren Federn hätte stammen können.

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