Linke Realsatire

Man mag von der Kommunistischen Partei Österreichs halten, was man will, aber man kann ihr zumindest einen letzten Rest politischer Vernunft nicht absprechen: Sie hat sich entschieden, nicht Teil des Wahlbündnis LINKE zu sein, das bei den kommenden Nationalratswahlen antreten will. Warum dies eine weise Entscheidung der KPÖ ist, wurde spätestens vor einer Woche klar, als Vertreter und Vertreterinnen dieses Bündnisses in Wien auf einer Pressekonferenz ihre Kandidatur ankündigten. Das freie Radio Orange 94,0 hat einen rund einstündigen Mitschnitt dieser denkwürdigen Veranstaltungen ins Netz gestellt, den ich wegen seiner unfreiwilligen Komik nur wärmstens empfehlen kann.

Für Aufsehen sorgte dabei vor allem die anwesende Vertreterin der Liga der sozialistischen Revolution (LSR), jener trotzkistischen Gruppierung, die vor ihrer Umbenennung als ArbeiterInnenstandpunkt ihr Unwesen trieb. Bei der LSR handelt es sich um die österreichische Sektion der Liga für die fünfte Internationale, nicht zu verwechseln mit dem  Komitee für eine ArbeiterInneninternationale, deren österreichische Sektion die Sozialistische Linkspartei (SLP) ist – es ist halt, wie Ex-Kanzler Sinowatz einmal treffend bemerkte, alles sehr kompliziert. Jedenfalls forderte Nina Gunic kurzerhand die Enteignung der obersten Zehntausend, was dazu führte, dass einige bisherige Unterstützer sich prompt vom neu geschaffenen Bündnis distanzierten.

Ein Blick in ein im Mai 2008 von der LSR veröffentlichtes “Aktionsprogramm für Österreich” hätte allerdings schon im Vorfeld klarmachen können, dass Gunics Enteignungsforderung im Vergleich zu deren sonstigen Plänen geradezu harmlos ist. Dort ist nämlich unter anderem zu lesen: “Die Liga der Sozialistischen Revolution macht sich keine Illusion darüber, dass die Ausbeuterklasse freiwillig und ohne Gewaltanwendung ihre Herrschaft abtreten wird. Nur eine sozialistische Revolution in Österreich und weltweit, nur der bewaffnete Aufstand der ArbeiterInnenklasse kann das Tor zu einer Zukunft der Freiheit und Gerechtigkeit aufstoßen.” So ein bewaffneter Aufstand verlange eine “systematische Vorbereitung und Organisation der Revolution” und den Aufbau – Sie haben es sicher schon geahnt – einer, ach was heißt einer, der Partei.

Die Parteiaufbauarbeit sei vordringlich, weil man auf keinen Fall von der Revolution überrascht werden wolle: “Wir können damit nicht warten, bis die Revolution vor der Türe steht. Denn dann ist es zu spät, um ernsthafte politische und organisatorische Vorbereitungen zu treffen.” Und einige Seiten später heißt es allen Ernstes: “Keine Zukunft ohne Sozialismus! Kein Sozialismus ohne Revolution! Keine Revolution ohne Partei! Das ist die heilige Dreifaltigkeit der revolutionären Strategie.”

Ich muss gestehen, dass ich nicht erwartet habe, im Aktionsprogramm einer trotzkistischen Gruppe von der heiligen Dreifaltigkeit zu lesen, wenngleich ich keinen Zweifel daran habe, dass die LSR, so sie denn jemals irgendetwas zu sagen haben sollte, mit Kritikern in etwa so tolerant umgehen würde, wie einstmals die Kirche mit Zweiflern an der Trinitätslehre. Gleichzeitig erfüllt es mich mit ein bisschen Hoffnung für die wackeren Kämpfer der LSR. Für das Diesseits sehe ich zwar schwarz, aber vielleicht sieht es fürs Jenseits besser aus, denn hat Jesus nicht, wie einer älteren Bibelübersetzung zu entnehmen ist, in der Bergpredigt gesagt: “Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich”?

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