CNN und die Diktatorengattinnen

In den achtziger Jahren waren sie fixer Bestandteil jeder Zahnpastawerbung: Damen mittleren Alters, die mit strahlendweißem Gebiss in die Kamera lächelten und sagten: “Ich als Zahnarztgattin kann XY nur empfehlen!” Auf CNN lebt diese Tradition in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Hamas in leicht abgewandelter Form wieder auf. Denn hier wurden jetzt mit Suzanne Mubarak und Asma Akhras al-Assad die Ehefrauen von gleich zwei arabischen Diktatoren zum Interview gebeten, um gegen die “Verbrechen” der Israelis und die “humanitäre Katastrophe” im Gazastreifen ihre Stimme erheben zu können. Besonders das Gespräch mit der Frau des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist eine wahre Glanzleistung.

Dabei ist nicht wirklich wichtig, was sie über die Situation in Gaza zu sagen hat, denn das unterscheidet sich nicht von dem, was man in Zeiten wie diesen genauso von Bianca Jagger oder Annie Lennox zu hören bekommt. Von Bedeutung ist vielmehr, was in dem Interview nicht zur Sprache kommt. Denn im Hause al-Assad hat man in der Vergangenheit selbst Erfahrungen mit der Moslembruderschaft gemacht – und die Situation auf eine Art und Weise bereinigt, die selbst in der an Massakern nicht gerade armen Region des Nahen Ostens als außerordentlich zu bezeichnen ist.

Die Stadt Hama war in den siebziger und frühen achtziger Jahren eine Hochburg des oppositionellen sunnitischen Islamismus in Syrien. Anfang Februar 1982 beschloss Hafiz al-Assad, der Vater des aktuell regierenden Diktators, dem Spuk ein Ende zu machen und beauftragte seinen jüngeren Brudern Rifaat damit, den Widerstand der Moslembruderschaft zu brechen. Was in den darauf folgenden Wochen genau passierte, ist bis heute nicht bekannt. Klar ist nur, dass am Ende des Militäreinsatzes große Teile der Stadt, inklusive der historischen Altstadt und des Bazars, dem Erdboden gleichgemacht waren. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen zwanzig- und dreißigtausend Menschen bei Kämpfen zu Tode kamen, vom Militär exekutiert oder mitsamt ihren Häusern in die Luft gesprengt wurden. (Thomas Friedman hat in seinem Buch From Beirut to Jerusalem den Ereignissen in Hama ein Kapitel gewidmet, das sehr zu empfehlen ist, weil er anhand des Massakers zeigt, wie Politik in den arabischen Staaten funktioniert – nach den “Regeln von Hama”.)

Ich will nun keineswegs behaupten, die israelische Armee sollte gegen den palästinensischen Zweig der Moslembrüder, die Hamas, auf ähnliche Weise vorgehen – und das tut sie auch nicht Aber es ist unerträglich, wenn die Schwiegertochter des damaligen Diktators heute über den “barbarischen Angriff auf palästinensische Zivilisten” faselt. Es zeugt von unglaublichem Zynismus, wenn sie bejammert, der Krieg werde die “Moderaten” schwächen und die “Extremisten” stärken, wenn ihr Ehemann eine der wesentlichen Figuren der Achse Iran-Syrien-HisbollahHamas ist und es palästinensischen Terrororganisationen wie der Hamas erlaubt, in Damaskus ihre Hauptquartiere zu unterhalten. Ich bekomme Magenkrämpfe, wenn Frau Assad “als Mutter” über das Los palästinensischer Kinder klagt, kurz nachdem ihr Mann dem Terroristen Samir al-Kuntar höchste syrische Auszeichnungen zukommen ließ, der zum Held der arabischen Welt wurde, als er 1979 einem vierjährigen israelischen Mädchen mit seinem Gewehrkolben den Schädel einschlug. Und mir kommt nur mehr das Kotzen, wenn CNN diese schamlose Doppelmoral unkommentiert ausstrahlt und so tut, als sei es das Normalste der Welt.

Update, 12.01.2009: Das Interview ist auch Eric Trager von Contentions aufgefallen. Seine Anmerkungen finden Sie hier.

Comments are closed.