Entschlossenes Handeln

Der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) wurde in der Vergangenheit häufig der Vorwurf gemacht, auf Probleme in den eigenen Reihen nicht angemessen zu reagieren. Nun hat sie unter Beweis gestellt, dass sie durchaus in der Lage ist, schnell und rigoros durchzugreifen: Sie hat einem Islamlehrer in Vorarlberg die Lehrberechtigung entzogen. Interessant ist, warum dieser Schritt gesetzt wurde. Hat der Mann etwa, so wie Adnan Ibrahim, der Starprediger der IGGiÖ, Hetzpredigten in Moscheen gehalten? Hat er, wie kürzlich ein Islamlehrer in Wien, antisemitische Flugblätter im Unterricht verteilt? Hat er, wie IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh, in Publikationen den Märtyrertod im Dienste Allahs gepriesen? Weit gefehlt: Er hat es gewagt, in einem Gastkommentar im Standard die Glaubensgemeinschaft zu kritisieren. Prompt ist er seinen Job los.

“Die Kluft zwischen uns Muslimen und der Gesellschaft, in der wir leben, ist immer noch sehr tief, obwohl bereits die dritte Generation ihren Einzug gehalten hat. Der Islamunterricht könnte gerade hier diese Kluft verringern.” Doch leider hätten sowohl der Islamunterricht als auch die Glaubensgemeinschaft bisher wenig dazu beigetragen. “Wenn wir ihre Bücher, Lehrpläne und ihre Fortbildungen sehen, stellen wir fest, dass sie auch aus der Perspektive eines Vereins gearbeitet haben. Professionelle Arbeit fehlt. Wenn es irgendwo gebrannt hat, hat man nur schöngeredet, statt ernsthafte Lösungen anzubieten. Sonst hat man nichts von der Islamischen Glaubensgemeinschaft wahrgenommen.” Aly El Ghoubashy spricht aus, was außerhalb der Glaubensgemeinschaft eigentlich jedem klar ist: “Die Krise, die wir jetzt haben, hat sie selbst hervorgerufen, und sie ist nicht in der Lage, alles allein zu bewältigen. Wir dürfen nicht vergessen: Wenn wir nicht den Druck von außen gehabt hätten, wäre immer noch nichts geschehen.”

Die Reaktion der IGGiÖ ließ nicht lange auf sich warten: Brieflich wurde Ghoubashy von Schakfeh mitgeteilt, dass ihm mit sofortiger Wirkung die Lehrbefugnis entzogen wurde. (Der Brief ist hier zu finden.) Seine Stellungnahme weise auf eine “irrationale gefühlsbeladene Gemütslage” hin, die “letzten unqualifizierten Veröffentlichungen … haben bereits jede Zumutbarkeit strapaziert.” Mit dem Standard-Kommentar habe Ghoubashy nicht nur seine “Arbeitgeberin, die IGGiÖ, für unfähig erklärt und somit ihrem Ruf mutwillig enormen Schaden zugefügt, sondern Sie haben auch die ganze islamische Community in Österreich für gesellschaftsfremd und integrationsunwillig erklärt.” Zum Rausschmiss gibt es noch eine Portion Zynismus: “Wenn man Ihren Gastkommentar … liest und seinem Inhalt Glauben schenkt, dann muss man zur Überzeugung gelangen, dass Sie sich mit der islamischen Community in Österreich in einer denkbar schlechten Gesellschaft befinden, was eigentlich für Sie als einen ehrbaren Bürger nicht zumutbar sein sollte.”

Schakfeh hat vor einigen Wochen in einem Interview behauptet, die IGGiÖ sei die demokratischste Religionsgemeinschaft Österreichs. Nun, mit der Kündigung von Ghoubashy hat sie wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt, was von derartigen Behauptungen zu halten ist. Schakfeh und Konsorten sollten allerdings höchst vorsichtig sein, als Begründung für den Rausschmiss ausgerechnet eine Rufschädigung der Glaubensgemeinschaft anzuführen – wenn das ein Kriterium dafür ist, jemandem den Weisel zu erteilen, hätten sie schon längst den Hut nehmen müssen.

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