Rebuilding Hamastan

In einem Interview im Standard nimmt Außenminister Michael Spindelegger Stellung zu den Ergebnissen jenes Treffens in Scharm el-Scheikh, das von Daniel Pipes völlig zu recht als “surreale Gaza-Wiederaufbaukonferenz” bezeichnet wird. Im Vorfeld hatten Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde, wie immer wenig bescheiden, wenn es um die Forderung nach finanziellen Geschenken geht, von über 2 Milliarden Dollar gesprochen, die für den “Wiederaufbau” Hamastans, von dem die Hamas auf wundersame Art und Weise nicht profitieren solle, gebraucht würden. “Darf’s ein bisserl mehr sein?” – nach diesem Motto, das man ansonsten nur beim Fleischhauer zu hören bekommt, einigten sich die anwesenden Delegationen darauf, mit in Aussicht gestellten 4.5 Milliarden Dollar die palästinensische Forderung mehr als zu verdoppeln.

Im Interview nennt Spindelegger drei “Vorbedingungen, unter denen wir Geld geben”. Darauf folgt ein Musterbeispiel in Sachen Nahostpolitik: Von Beginn an ist klar, dass keine dieser drei Bedingungen eintreten wird, aber trotzdem phantasiert der Außenminister über ein “Momentum, das wir nützen sollten”. Sehen wir uns die Sache der Reihe nach an.

“Erste Bedingung ist, dass beide Seiten ihren Willen zum Friedensprozess auch glaubhaft dokumentieren.” Wäre dieser Satz schon in der Konferenzeinladung gestanden, hätten sich die zahlreichen Verhandler die Reise ans Rote Meer sparen können. Denn selbst wenn man, was durchaus fragwürdig ist, der PA einen ernsthaften “Willen zum Friedensprozess” attestieren würde, so ist das Einzige, das die Hamas “glaubhaft dokumentiert”, dass sie jeden derartigen Prozess grundsätzlich ablehnt. Aber da die Delegationen schon einmal so nett beisammen sitzen, kann man darüber einfach hinwegsehen und weiter Luftschlösser bauen. “Das Zweite ist, dass wir bei dem weiterkommen, was beiden Konfliktparteien wichtig ist: Die Israelis wollen sicherstellen, dass es keinen Waffenschmuggel nach Gaza gibt. Den Palästinensern ist die Grenzöffnung wesentlich.” Ob Spindelegger jemals der Gedanke gekommen ist, dass dies ein Widerspruch ist und eine Grenzöffnung in nicht allzu langer Zeit dazu führen würde, dass die Raketen der Hamas bis nach Tel Aviv fliegen könnten?

“Und der dritte wichtige Faktor für die EU ist, dass sich das palästinensische Lager einigt. Sonst kommen wir nie dazu, über eine realistische Chance für eine Zwei-Staaten-Lösung zu sprechen, mit der beide Parteien leben können.” Über eine “Einigung” wird zwischen der PA und der Hamas tatsächlich verhandelt, doch hat Ben Segenreich vor wenigen Tagen kurz und bündig zusammengefasst, was davon zu halten: “ähnliche Anläufe führten schon oft entweder zu gar nichts oder zu einem Blutbad.” Ob die viel zitierte Zwei-Staaten-Lösung überhaupt eine “realistische Chance” für die Region bieten würde, sei einmal dahingestellt. Klar ist aber, dass eine palästinensische Regierung unter Beteiligung der Hamas kein Schritt in diese Richtung wäre, weil letztere überhaupt kein Interesse an einer Lösung hat, “mit der beide Parteien leben können” – ein solche Lösung zu verhindern ist vielmehr die raison d’être der Hamas, und genau dafür wird sich vom Iran großzügig gefördert.

Leider ging von der Konferenz in Scharm el-Sheikh ein Signal an die Hamas aus, das diese nur zu erfreut zur Kenntnis genommen haben wird: Sie kann unbeirrt ihren Kampf gegen Israel weiterführen. Seit dem Waffenstillstand vom 18. Januar wurden bereits wieder über hundert Raketen auf Südisrael abgefeuert, ohne dass das im Westen sonderlich Beachtung finden würde. Sollte Israel sich gegen diesen andauernden Beschuss wieder zur Wehr setzen, und dieser Zeitpunkt ist vermutlich nicht mehr weit entfernt, so können die Islamisten darauf vertrauen, dass die westlichen Medien sich wieder über “Unangemessenheit” und “israelische Kriegsverbrechen” empören werden und die “internationale Gemeinschaft”, sobald die nächste Runde abgeschlossen ist, wieder Milliarden zum “Wiederaufbau” Hamastans bereitstellen wird. Selbstverständlich wird sie auch dann wieder verkünden, dieses Geld sei keine Unterstützung der Hamas. Ismail Haniyeh wird dann irgendwo im Gazastreifen in seinem mit internationalen Wiederaufbauhilfsgütern noch robuster ausgebauten Bunker sitzen und herzhaft lachen.

Comments are closed.