Eine Synagoge am Tempelberg? (2)

Im Unterschied zum ORF weiß der Spiegel, wo die Hurva-Synagoge ist und berichtet über die Krawalle in Jerusalem: “Dutzende Palästinenser bewarfen die Sicherheitskräfte in mehreren Vierteln mit Steinen und setzten Reifen und Mülleimer in Brand. Die Polizei reagierte Augenzeugen zufolge mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen.” Weil die Nachricht, dass die Polizei gegen palästinensische Randalierer vorgegangen ist, aber nicht dramatisch genug ist, lässt man mit Mustafa Barghouthi einen Politiker zu Wort kommen, der die palästinensische Propaganda selbst dann noch herunterleiern könnte, wenn man ihn mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf wecken würde. Und das hört sich dann so an:

“Die Palästinenser demonstrierten hier zunächst wieder friedlich”, was sie bekanntlich immer tun, wenn die betont friedfertige Menschenrechtsorganisation Hamas zu Demonstrationen aufruft. “Dann reagierte die Armee Israels mit endlosen Angriffen. Sie schossen auf Menschen, mitten in Jerusalem. Sie sperrten die Menschen aus dem Westjordanland aus, und sie sperrten die Menschen hier von der al-Aqsa-Moschee aus. Das ist Rassendiskriminierung in ihrer schlimmsten Form.” Barghouthi, das muss man ihm lassen, ist ein echter Profi, denn er kann diesen Quatsch von sich geben, ohne dabei lachen zu müssen. Das Beste an dem Interview ist allerdings, was im Hintergrund zu sehen ist: Barghouthi stand keine fünf Meter vor einer Absperrung mit israelischen Polizisten und Soldaten, die sich überhaupt nicht darum kümmerten, welche Märchen er gerade wieder einem ausländischen Kamerateam auftischt – sicher eine Folge dieser “Rassendiskriminierung in ihrer schlimmsten Form”.

Die palästinensische Führung rief übrigens dazu auf, sich am Protest gegen die herbeifantasierten israelischen Pläne zur Zerstörung der Moscheen am Tempelberg zu beteiligen. Allerdings sollte ja niemand auf Idee kommen, das im Westjordanland zu tun, denn dort haben palästinensische Sicherheitskräfte jegliche Demonstrationen verboten. “Moderate” Palästinenser, also die, mit denen Israel laut westlicher Sichtweise gefälligst Frieden zu schließen habe, jammern derweil über die innerpalästinensische Spaltung zwischen Hamas und Fatah. In der Jerusalem Post ist zu lesen: “The Fatah official said that divisions between Fatah and Hamas were … torpedoing Palestinian efforts to launch a new intifada and stand united against Israel. Hamas and Fatah have already begun referring to the recent wave of violence as al-Quds (Jerusalem) Intifada.”

Das finde ich allerdings unfair, ist die aktuelle Gewalt in Jerusalem doch das gleichermaßen direkte wie absehbare Resultat des Konfrontationskurses gegenüber Israel, den die Obama-Administration eingeschlagen hat. Wie Yossi Klein Halevi in der New Republic schreibt, haben Obamas völlig fehlgeleiteten Attacken auf Israel zur Folge, dass es mit der relativen Ruhe vorbei ist, die seit 2005, nach Jahren verheerender Selbsmordanschläge, in Jerusalem eingekehrt war. Wenn man also schon einen Namen für eine möglicherweise bevorstehende, neue palästinensische Gewaltwelle sucht, dann sollte man sie, Ehre wem Ehre gebührt, die Obama-Intifada nennen.

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