Unnützer Idiot. Henning Mankells Abrechnung mit Israel

Der schwedische Krimiautor Henning Mankell gehörte zu jener Gruppe unnützer Idioten, deren Anwesenheit auf den Schiffen der Gaza-Flottille den propagandistischen Erfolg der als gewalttätige Aktion angelegten Provokation vom Morgen des 31. Mai sicher stellen sollte. Wie nicht anders zu erwarten war, wollte er sich nicht mit der Statistenrolle begnügen, die ihm beim Showdown mit der israelischen Marine zugedacht war, sondern musste, er konnte einfach nicht anders, seine Erlebnisse zu Papier bringen. Herausgekommen ist dabei ein bemerkenswerter Seelenstriptease, bei dem man nicht so recht weiß, worüber man sich am meisten wundern soll. Ist es die Beharrlichkeit, mit der (nicht nur er) an einer Version der Ereignisse festhält, die mit der Realität bestenfalls tangential in Berührung kommt, vor allem aber durch eine weitgehende Weigerung charakterisiert wird, das Offensichtliche zur Kenntnis zu nehmen? Ist es die vollkommene Unfähigkeit zur Selbstreflexion, die ihm zu erkennen verunmöglicht, welch traurige Rolle er und die anderen unnützen Idioten in der blutigen Konfrontation spielten? Ist es die absurde Weinerlichkeit, die seinen Versuch prägt, sich selbst zum standfesten Helden zu stilisieren? Oder ist es nicht doch die Unbekümmertheit, mit der sich ein prominenter Schriftsteller mit bestem Gewissen als lupenreiner Antisemit zu erkennen gibt?

Mankell versucht wenigstens nicht zu verschweigen, was der Sinn des Konvois hätte sein sollen: “’Ship to Gaza’ has a clear, and clearly defined, goal: to break the illegal blockade that Israel is imposing on the Gaza region.” (Bei der Behauptung, die Blockade sei illegal, handelt es sich um reine Propaganda. Die Absperrung des Gazastreifens ist nicht nur mit internationalem Recht vereinbar, sondern Israel befindet sich mit dieser Maßnahme in ehrwürdiger Gesellschaft.) Natürlich spricht auch Mankell von der humanitären Lage im Gazastreifen: “After the war a year ago, life has become more and more unbearable for the Palestinians who live there. There is a huge shortage of the bare necessities for living any sort of decent life.” Der Mangel an bestimmten, nicht-lebenswichtigen Gütern ist Folge der Blockade, die verhindern soll, dass noch mehr Güter einer besonderen Art nach Gaza gelangen, von denen es jetzt bereits mehr als genug gibt: Raketen und anderes Kriegsmaterial. Intellektuelle Redlichkeit würde von Mankell verlangen, den deklarierten Zweck der Absperrung wenigstens zu erwähnen, selbst wenn er sie für eine falsche Maßnahme hält. Aber wenn etwas seinen Text durchzieht, dann ist es die Unfähigkeit, dem israelischen Handeln Rationalität auch nur zu unterstellen. Wir werden im Laufe dieser Besprechung noch öfters darauf stoßen: Was auch immer die Israelis tun, Mankell kann nur niederträchtigste Motive am Werk sehen und versucht erst gar nicht, den Israelis andere als abgrundtief verabscheuungswürdige Gründe für ihr Handeln zuzugestehen.

Der wirkliche Zweck des “Hilfskonvois”, so gibt Mankell offen zu, waren nicht Hilfslieferungen: “But the aim of the voyage is of course more explicit than that. Deeds, not words, I think. It’s easy to say you support or defend or oppose this, that, and the other. But only action can provide proof of your words.” Taten statt Worte, das hatten allerdings auch jene Djihadisten an Bord der “Mavi Marmara” im Sinn, die im Vorfeld der Reise ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht hatten, diesmal durch Allahs unendliche Gnade mit dem Märtyrertum belohnt zu werden, und der israelischen Marine auf eine Warnung hin nur antworteten: “Shut up, go back to Auschwitz”.

Mankell ist berührt vom Leiden der Palästinenser: “The Palestinians who have been forced by the Israelis to live in this misery need to know that they are not alone, not forgotten. The surrounding world has got to be reminded of their existence.” Abgesehen davon, dass man den Israelis beim besten Willen nicht vorwerfen kann, die Palästinenser dazu gezwungen zu haben, mehrheitlich eine Terrorgruppe wie die Hamas zu wählen, kommen Ihnen diese Worte bekannt vor? Vielleicht deshalb, weil es wortwörtlich die gleichen Formulierungen sind, mit denen palästinensische Terroristen seit den später 1960er-Jahren ihre blutigen Anschläge gegen Juden und Israelis begründeten. George Habash, der Terrorpate der PFLP, wählte in einem Interview mit Oriana Fallaci 1970 folgende Formulierungen: “The world has been using us and has forgotten us. It is time they realize we exist … You have to be constantly reminded of our existence.” Heute gibt Mankell den Habash.

Auf dem Weg zum Flughafen zerbricht sich Mankell den Kopf über die Reaktion der Israelis. Könnte es sein, “that this is a project so thoroughly hated by the Israelis that they might well try to stop the convoy by violent means”? Doch diese Sorgen haben sich schnell zerstreut: “By the time I get to the airport, the thought has gone. On this point, too, the project is very clearly defined. We are to use nonviolent tactics; there are no weapons, no intention of physical confrontation.” Mankell mag vor seiner Reise wirklich geglaubt haben, dass dies der Plan der “Aktivisten” an Bord der Schiffe war. Wie mittlerweile aber offenkundig ist, hatten einige der “Passagiere” andere Absichten; jeder weiß das, der es wissen will. Mankell jedoch, und mit ihm viele andere der unnützen Idioten, hat beschlossen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Anstatt sich darüber zu empören, von Islamisten für ihre gewalttätige Aktion instrumentalisiert worden zu sein und ihnen Deckung für den geplanten Judenmord geboten zu haben, hält er an seiner Version der vollkommen friedlichen “Hilfsflotte” fest. In all seiner selbstgerechten Eitelkeit fällt ihm gar nicht auf, wie lächerlich er sich damit macht. Man kann behaupten, dass die Erde eine Scheibe ist. Wenn man aber an dieser Meinung festhält, nachdem man ausreichend Gelegenheit hatte, sich von ihrer Falschheit zu überzeugen, darf man sich nicht darüber wundern, als Spinner betrachtet zu werden.

Mankell macht sich noch immer Sorgen darüber, was diese Israelis alles unternehmen könnten, um den Bruch der Blockade des Gazastreifens zu verhindern. “What efforts? We’ve naturally been chewing that over ever since the start of the project. Nothing can be known with any certainty. Will the Israeli navy sink the ships?” Seit jeher ergötzen sich Antisemiten daran, den Juden die Ausführung der eigenen Gewaltphantasien zu unterstellen. Als ob es das Normalste der Welt wäre, fällt Mankell als erste Möglichkeit ein, dass die Israelis die Schiffe versenken und damit möglicherweise hunderte Menschen zu Tode kommen könnten. Es ist ein klarer Fall von Projektion. Die Frage, warum die israelische Armee so etwas tun sollte, stellt er sich erst gar nicht. Stattdessen gibt er sich dem wohligen Schauer hin, dass die Israelis auf jeden Fall das Schlimmstmögliche tun werden. “Nobody knows what the Israelis will come up with. We only know that their statements have been menacing, announcing that the convoy will be repelled with all the means at their disposal. But what does that mean? Torpedoes? Hawsers? Soldiers let down from helicopters? We can’t know.” Eines weiß Mankell dagegen ganz genau: “But violence will not be met with violence from our side. Only elementary self-defense.” Das klingt ganz nett, meint aber das genaue Gegenteil: Was auch immer geschehen möge, die Schuld liegt in jedem Fall bei den Israelis. An dieser Version der Geschichte wird festgehalten, was auch immer passieren möge.

Dann kommt es zum Showdown: “I’ve just dropped off when I am woken again. Out on deck I see that the big passenger ferry is floodlit. Suddenly there is the sound of gunfire. So now I know that Israel has chosen the route of brutal confrontation.” Mankell hat zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, was sich an Bord der “Mariv Marmara” zugetragen hat. Es ist aber im Grunde auch egal, denn er weiß, was er ohnehin immer gewusst hat: Die Israelis, sie können nun einmal nicht anders, haben den Weg der Konfrontation gewählt.

Eine Stunde später wird auch Mankells Schiff von israelischen Soldaten geentert. “The soldiers are impatient and want us down on deck. Someone who is going too slowly immediately gets a stun device fired into his arm. He falls. Another man who is not moving fast enough is shot with a rubber bullet. I think: I am seeing this happen right beside me. It is an absolute reality. People who have done nothing being driven like animals”. Mankell mag zu diesem Zeitpunkt das Verhalten der israelischen Soldaten für überzogen gehalten haben. Vielleicht war es das in manchen Fällen auch. Aber nach den Ereignissen auf der “Mariv Marmara” hatten sie gute Gründe, eher zu streng als zu sanft aufzutreten. Das ist ein völlig rationales Verhalten. Doch für Mankell gibt es aus Prinzip keine Rationalität im Verhalten von Israelis. In ihrer grenzenlosen Arroganz behandeln sie andere Menschen wie Tiere.

“When I jot down a few notes, a soldier comes over at once and asks what I am writing. That’s the only time I lose my temper, and tell him it’s none of his business. I can only see his eyes; don’t know what he is thinking. But he turns and goes.” Und? Eigentlich ist nichts passiert. Mankell schreibt etwas auf, ein Soldat fragt ihn, was er da tut, und geht wieder weg. Mankell aber rastet aus (“the only time I lose my temper”). Zu gerne hätte er davon berichtet, wie der Vertreter eines “rassistischen Apartheidstaates” ihn erniedrigt, gedemütigt und getreten hätte, aber der tut nichts davon. Wie unmenschlich diese gemeinen Israelis sind.

“Eleven hours, unable to move, packed together in the heat. If we want to go for a pee, we have to ask permission. The food they give us is biscuits, rusks, and apples. We’re not allowed to make coffee, even though we could do it where we are sitting.” Hätte Mankell gewusst, dass er nach seinem Versuch, eine militärische Blockade zu durchbrechen, den Rest des Tages nicht auf einem Liegestuhl am Sonnendeck verbringen würde können, vielleicht hätte er seine Reise nicht angetreten. “We take a collective decision: not to ask if we can cook food. Then they would film us. It would be presented as showing how generously the soldiers had treated us. We stick to the biscuits and rusks. It is degradation beyond compare.” Was soll man dazu noch sagen? Es ist gut möglich, dass die israelischen Soldaten es Mankell und seinen Mitstreitern verboten hätten, Essen zu kochen. Doch darum geht es ihm gar nicht. Seine Sorge ist, dass sie es erlauben könnten. Aber Mankell hat die hinterlistigen Israelis längst durchschaut: Dass die am Ende noch behaupten, die “Gefangenen” gut behandelt zu haben, diesen Propagandaerfolg gilt es auf jeden Fall zu verhindern. Man muss auf der Hut sein, wenn man mit so abgefeimten Gegnern konfrontiert ist. Deswegen fragt man gar nicht. Die Erniedrigung ist aber kaum zu ertragen. Diese verdammten Israelis!

“The soldiers watch us. Some pretend not to understand English. But they all do. There are a couple of girls among the soldiers. They look the most embarrassed. Maybe they are the sort who will escape to Goa and fall into drug addiction when their military service is over?” Mankell lässt sich nicht täuschen: In ihrer Hinterlistigkeit tun diese Israelis nur so, als ob sie nichts verstünden. Aber von ein paar Soldatinnen, die in Zukunft möglicherweise drogensüchtig werden, lässt er, der Schriftsteller von Weltformat, sich nicht hinters Licht führen.

“Quayside somewhere in Israel. I don’t know where. We are taken ashore and forced to run the gantlet of rows of soldiers while military TV films us. It suddenly hits me that this is something I shall never forgive them. At that moment, they are nothing more to my mind than pigs and bastards.” Mankell lernt schnell von seinen islamistischen Mitstreitern, muss sich aber noch mit den Feinheiten beschäftigen. Denn dem Koranzitat zufolge handelt es sich bei den Juden nicht um Schweine und Bastarde, sondern um die Kinder von Schweinen und Affen. Aber er ist auf bestem Wege, weiß er doch zumindest schon eines: Das wird er den Israelis nie verzeihen!

Ein Vertreter des israelischen Außenministeriums erklärt Mankell, dass er des Landes verwiesen würde, “deportiert”, wie Mankell es natürlich bezeichnet. “The man who says this also says he rates my books highly. That makes me consider ensuring nothing I write is ever translated into Hebrew again.” Es ist ein Dokument pathologischen Hasses, in dem jede menschliche Geste, jeder Versuch, die angespannte Lage ein wenig zu entschärfen, nur noch mehr Hass weckt. Da hat dieses “Schwein” doch tatsächlich die Chuzpe, Mankells Bücher zu mögen! Mankell ist natürlich kein Antisemit, er hat nur Kritik am jüdischen Staat. Um sicher zu gehen, dass sein Protest auch ankommt, soll auf jeden Fall kein Text von ihm mehr in die Sprache dieser “Bastarde” übersetzt werden.

“The myth of the brave and utterly infallible Israeli soldier is shattered. Now we can add: They are common thieves. For I was not the only one to be robbed of my money, credit card, clothes, MP3 player”. Ich muss gestehen, dass ich mich weder für Mankells MP3-Player, noch für die Socken interessiere, die ihm angeblich von israelischen Soldaten “gestohlen” worden seien. Nach all der “Erniedrigung” durch die israelischen “Schweine” und “Bastarde”, handelt es sich dabei um lächerliche Nebensächlichkeiten. Aber sie bestärken Mankell in seiner Überzeugung, dass nur niederste Motive das Handeln der Israelis antreiben. Mögen sie doch versuchen, der empörten Weltöffentlichkeit die Mär vom Recht des jüdischen Staates auf Selbstverteidigung aufzutischen, in Wirklichkeit sind sie nur gemeine Diebe. Wahrscheinlich haben sie die ganze Konfrontation nur angezettelt, um Mankell die Unterhosen zu klauen.

Wenn die ganze Geschichte nicht bitterer Ernst wäre, man könnte bei der Lektüre von Mankells Reisebericht nur den Kopf schütteln. Er dokumentiert, wie in einem intelligenten Menschen alle Sicherungen durchbrennen, wer er seinem Hass einmal freien Lauf lässt. Dass er nicht davor zurückschreckt, dies in aller Öffentlichkeit zu tun, ist bedenklich. Noch bedenklicher ist allerdings, dass diese öffentliche Selbstdiskreditierung seiner Karriere als Schriftsteller wohl kaum schaden wird. Es ist im Gegenteil zu befürchten, dass er seine Erlebnisse noch auf Buchlänge aufblasen wird. Es wird mit Sicherheit ein Verkaufsschlager.

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