Archive for October, 2010

Der Mythos von Kreiskys Nahostpolitik

Friday, October 29th, 2010

Wenn es um den so genannten Nahostkonflikt geht, genießt in Österreich vor allem ein Mann das Image des mutigen und weitsichtigen Politikers. Bruno Kreiskys besondere Leistung sei es gewesen, früher als viele andere Politiker erkannt zu haben, dass Fortschritte in Richtung eines Friedens im Nahen Osten nur unter Einbeziehung der PLO unter der Führung Jassir Arafats möglich seien. Für diese Haltung sei Kreisky in den siebziger Jahren vor allem von den Israelis hart kritisiert worden, doch auch sie hätten letztlich einsehen müssen, dass er richtig lag und schwenkten schließlich, nur kurz nach Kreiskys Tod, mit dem Oslo-Friedensprozess auf seine Linie ein. Diese weit verbreitete Sichtweise beruht auf zwei Annahmen: Erstens habe Kreisky in Arafat richtiger Weise einen “moderaten” Führer der Palästinenser erkannt, zweitens sei das Unterfangen, Arafat in einen Verhandlungsprozess einzubeziehen, von Erfolg gekrönt gewesen. In den neunziger Jahren, in der Blütezeit des Friedensprozesses, mag es Gründe für dieses optimistische Resümee gegeben haben; heute sollte man es besser wissen.

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Über das Elend der islamischen Welt

Thursday, October 28th, 2010

Wer wissen will, weshalb sich große Teile der “islamischen Welt” im Vergleich zum Rest der Welt am absteigenden Ast befinden, der sollte sich diese Meldung nicht entgehen lassen: Der für die künftige Entwicklung der Lehre an den Universitäten zuständige Abteilungsleiter im iranischen Erziehungsministerium, Abolfazl Hassani, hat angekündigt, dass die Lehrpläne etlicher sozial- und geisteswissenschaftlicher Fächer einer gründlichen Revision unterzogen werden sollen. “Bis zum Ende des Jahres, so wird Hassani zitiert, sollen die akademischen Lehrfächer ‘Recht, Menschenrechte, Frauenforschung, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Medienwissenschaft, Politische Wissenschaft, Philosophie, Psychologie, Erziehungswissenschaft’ sowie Fächer, die englisch etwas vage mit ‘Administration’ und deren kulturelle und künstlerische Untergliederungen (‘cultural and artistic administration’) übersetzt werden, genauer auf ihre Inhalte und Ausrichtung überprüft werden.” Eingegriffen werden müsse, weil die in diesen Studienrichtungen gelehrten Inhalte nicht mit den religiösen Prinzipien der “Islamischen Republik” übereinstimmten, zu sehr an westlichem Gedankengut angelehnt seien und nicht auf “heimischen Ideen und Prinzipien” basierten. Damit folgt Hassani den Vorgaben des religiösen Führers der islamischen Diktatur, Ali Khamenei, der im letzten Jahr darauf hingewiesen habe, dass “die fraglichen Fächer zu Zweifeln an der Religion führen könnten, weswegen eine Änderung des Lehrplans ernsthaft in Betracht gezogen werden soll.” Nun ist nicht weiter überraschend, dass ein am Rande des Abgrunds stehendes Regime wie das iranische mittels rigider personeller wie inhaltlicher Säuberungswellen sein wegbröckelndes Fundament zu sichern sucht. Dass die westliche Wissenschaft aber mit dem Argument zurückgedrängt werden soll, sie widerspreche den religiösen Grundlagen des Islam, verweist auf ein tiefer gehendes Problem, das keineswegs auf das Terrorregime in Teheran beschränkt ist.

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Linke Realsatire (2)

Tuesday, October 12th, 2010

An und für sich waren die Wiener Wahlen am Sonntag eine triste Sache: Knapp über 27 Prozent der Stimmen gingen an die Burschenschaftergang namens FPÖ unter ihrem Führer Heinz-Christian Strache. Dass es noch schlimmer geht, zeigen die Ergebnisse der “sozialen Heimatpartei” in einzelnen Bezirken: 37,16 % in Simmering, 35,07 % in Favoriten, 34,2 % in Floridsdorf. Die Sache wäre wirklich deprimierend, wenn nicht auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums spektakuläre Erfolge erzielt worden wären. So jubelt die Sozialistische Linkspartei (SLP) auf ihrer Homepage über das Resultat im 20. Bezirk: “Die SLP hat in den letzten Wochen in Wien einen sehr intensiven Wahlkampf durchgeführt. … Bei den Wahlen am Sonntag konnten wir unser Ergebnis bei der Bezirksratswahl im Vergleich zu 2995 (sic!) mehr als verdoppeln.” Respekt! Das sind jetzt also beeindruckende, nun ja, 158 Stimmen. Aber auch der Blick über die Bezirksgrenzen hinweg macht Mut: “Das Gesamtwahlergebnis ist für uns ein Auftrag unter dem Motto ‘Rassismus schafft keine Job (sic!) – Geld für Soziales statt für Banken und Konzerne’ weiterhin aktiv zu sein.” Den Banken und Konzernen wird der Schrecken ordentlich in die Knochen gefahren sein: Auf Gemeinderatsebene hat die SLP immerhin 60 Stimmen bekommen. “Eine genauere Analyse der Wahl folgt in den nächsten Tagen.” Das war zu befürchten.