Archive for the ‘Medien’ Category

Gut, dass wir verglichen haben

Thursday, May 7th, 2009

Manchmal stößt man auf Formulierungen, bei denen man sich vor Verwunderung nur die Augen reiben kann. Der Standard bot gestern so ein Beispiel. In einem Artikel über die kroatische Insel Goli Otok, auf der nach dem zweiten Weltkrieg politische Gefangene und später auch Kriminelle inhaftiert waren, ist doch tatsächlich der folgende Satz aus dem Munde eines Ex-Insassen zu lesen: “Es war kein Vernichtungslager, aber in puncto Menschenrechte war es schlimmer als Auschwitz.”

Give me a break!

Tuesday, April 14th, 2009

Seit der neue Mann im Weißen Haus die Macht übernommen hat, befinden sich große Teile der medialen Öffentlichkeit in einem Zustand, der irgendwo zwischen Heldenverehrung und Selbstinfantilisierung angesiedelt ist. Getreu dem alten Lied “Der Papa wird’s schon richten” brechen Jubel und Begeisterung aus, sobald Barack Obama (zu welchem Thema auch immer) das Wort ergreift und seine weitgehend nichts sagenden Plattitüden vom Stapel lässt. Jüngstes Beispiel: Nach mehreren Tagen wurde der amerikanische Kapitän der “Maersk Atlanta” aus den Händen somalischer Piraten befreit. Und wie das Amen in der Kirche folgt darauf die mediale Seligsprechung: “Piraten-Geisel macht Obama zum Helden”, titelt etwa der Standard. Der Präsident habe seine “erste Bewährungsprobe” bestanden, sei “unmittelbar in den Showdown einbezogen” gewesen und habe letztlich die “riskante Kommandoaktion” zu Befreiung der Geisel gebilligt. Bei so viel Heldenmut kann man schon ins Schwärmen geraten: “Nun gibt es kaum einen Kommentator in Washington, der den Präsidenten nicht lobt für seine bestandene Prüfung in Sachen Krisenmanagement.”

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Seltsame Ausgewogenheit

Monday, January 19th, 2009

Nachdem bereits vor einer Woche der Standard über die Welle des Antisemitsmus berichtet hat, die im Zuge des Krieges gegen die Hamas auch Österreich erfasst und sich unter anderem in über zwanzig antisemitischen Demonstrationen niedergeschlagen hat, geht auch das dieswöchige profil auf die österreichischen Reaktionen auf den Krieg ein. Auffällig ist an diesen zwei Artikeln, dass sich die Autoren eine seltsame Form von Ausgewogenheit zu Eigen gemacht haben.

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CNN und die Diktatorengattinnen

Sunday, January 11th, 2009

In den achtziger Jahren waren sie fixer Bestandteil jeder Zahnpastawerbung: Damen mittleren Alters, die mit strahlendweißem Gebiss in die Kamera lächelten und sagten: “Ich als Zahnarztgattin kann XY nur empfehlen!” Auf CNN lebt diese Tradition in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Hamas in leicht abgewandelter Form wieder auf. Denn hier wurden jetzt mit Suzanne Mubarak und Asma Akhras al-Assad die Ehefrauen von gleich zwei arabischen Diktatoren zum Interview gebeten, um gegen die “Verbrechen” der Israelis und die “humanitäre Katastrophe” im Gazastreifen ihre Stimme erheben zu können. Besonders das Gespräch mit der Frau des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist eine wahre Glanzleistung.

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So kurz, so falsch

Tuesday, January 6th, 2009

Es ist schon bemerkenswert, wie viele “Nahostexperten” es gibt, die den Krieg im Gazastreifen nutzen, um auch wieder mal ins Fernsehen zu kommen. Darüber hinaus ist bemerkenswert, mit welchen “Erkenntnissen” diese Experten aufwarten können. Nehmen wir als Beispiel die ZIB 24 von letzter Nacht. Frage der Moderatorin: “Was will denn Israel mit diesem Krieg, der eine humanitäre Katastrophe ist, erreichen?” Darauf die eingeladene Expertin, Karin Kneissl, die ich als eine meiner akademischen Lehrerinnen eigentlich geschätzt habe: “Ja, das fragt man sich eben auch. Das offizielle Kriegsziel dieser Operation, die eben ‘gegossenes Blei’ sich nennt, ist die Zerstörung der Hamas.” Nein, das ist es nicht, wie man buchstäblich in jeder Stellungnahme von Verteidigungsminister Ehud Barak oder Außenministerin Tzipi Livni hören kann. “Dieses Kriegsziel zu erreichen, stelle ich mir sehr schwierig vor”, so die Einschätzung Kneissls. Eine wahrlich brillante Analyse. Ob Israel sein deklariertes Ziel, ein Ende des ständigen Raketenbeschusses durch die Hamas, erreichen kann, wird sich zeigen.  Die Expertin muss dagegen auf den Ausgang des Krieges gar nicht warten, weil sie jetzt schon weiß, dass die israelische Armee bei einem Vorhaben, dass sie nicht verfolgt, gar nicht siegreich sein kann.

Die freie Presse

Tuesday, January 6th, 2009

Im Zuge der israelischen Offensive gegen die Hamas beklagen sich Journalisten vermehrt darüber, dass ihnen der Zugang zum Gazastreifen verwehrt würde und sie daher nicht frei über die Geschehnisse dort berichten könnten. Sie sagen aber nicht dazu, warum bereits vor dem 27. Dezember, also bevor der momentane Krieg begann, keine westlichen Journalisten mehr durch die Straßen von Gaza flanierten. Daher eine kleine Gedächtnisstütze: Am  12. März 2007 wurde der BBC-Reporter Alan Johnston in Gaza-Stadt aus seinem Auto gezerrt und verschleppt. Eine Gruppe namens Armee des Islam veröffentlichte in der Folge u. a. eine Videobotschaft, in der Johnston mit einem umgeschnallten Sprengstoffgürtel zu sehen war. Erst vier Monate später kam der Journalist frei. Die Hamas war bestrebt, seine Freilassung als Resultat ihrer Bemühungen zu inszenieren und damit in der westlichen Öffentlichkeit zu punkten. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass es für westliche Journalisten in der jüngeren Vergangenheit schlicht und ergreifend lebensgefährlich war, aus dem Gazastreifen zu berichten, sofern sie sich nicht bloß zu Instrumenten der Propaganda der Hamas machen wollten. Dass sie daher den komfortablen Zimmern in Jerusalemer und Tel Aviver Hotels gegenüber den staubigen Straßen Gazas den Vorzug gaben, ist ihnen nicht unbedingt vorzuwerfen. Doch sollte man eben nicht vergessen, dass von der Möglichkeit einer freien Berichterstattung aus Hamastan schon vor Beginn der israelischen Offensive keine Rede sein konnte.

Kameraden, dreht die Flinten…

Sunday, January 4th, 2009

Während in den Medien die Zahl vermeintlich ziviler Opfer der israelischen Militärschläge gegen die Hamas hochlizitiert wird, berichtet die Jerusalem Post, wie einige dieser Opfer, die sich mit Sicherheit in den Statistiken der Vereinten Nationen oder der ominösen “palästinensischen Quellen” finden, zustande kamen. Demnach geht die Hamas seit Beginn der Kämpfe konsequent gegen Mitglieder der Fatah vor, denen sie “Kollaboration” mit Israel vorwirft. Mindestens 75 Menschen wurde in die Beine geschossen, anderen wurden Gliedmaßen gebrochen, um sie an der “Zusammenarbeit mit dem Feind” zu hindern. Darüber hinaus wurden bereits über 35 Palästinenser von den Henkern der Hamas hingerichtet. Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde, wie der Botschafter der PA bei den Vereinten Nationen, mögen öffentlichkeitswirksam gegen die “israelische Aggression” protestieren, doch sollte man dabei eines bedenken: Hier sprechen PR-Profis, die genau wissen, dass sie keine 10 Minuten lang am Leben bleiben würden, sollten sie sich im Gazastreifen blicken lassen, und deren Lebenserwartung auch im Westjordanland vermutlich überschaubar wäre, sollte sich die verhasste Besatzungsmacht, wie lauthals gefordert, auf die Grenzen von 1967 zurückziehen.

Nachrichten, die es nicht in die Nachrichten schaffen (3)

Sunday, November 30th, 2008

Eine Geschichte, für die sich in Europa wohl kaum jemand interessiert: Im September 2004 reiste der irakische Parlamentsabgeordnete Mithal al-Alusi nach Israel und besuchte dort u.a. eine Konferenz über den Kampf gegen Terrorismus. Wieder zurück im Irak wurde er wegen “Kontaktes mit einem feindlichen Staat” angeklagt, ein Delikt, das gemäß eines alten Gesetzes mit der Todesstrafe zu ahnden wäre. Im Februar 2005 wurden bei einem Anschlag, der al-Alusi gegolten hat, zwei seiner Söhne und ein Bodyguard getötet. Im September 2008 nahm al-Alusi wieder an einer Antiterrorkonferenz in Israel teil. Daraufhin hob das irakische Parlament seine Immunität auf, um ihm wegen des erneuten “Feindkontaktes” den Prozeß machen zu können. Doch was nun passierte, ist in arabischen Staaten eine seltene Ausnahme: Eine irakische Zeitung veröffentlichte einen offenen Brief von 400 kurdischen und arabischen Intellektuellen, die ihre Solidarität mit al-Alusi bekundeten. Der Knalleffekt kam schließlich am vergangenen Montag, als der irakische Oberste Gerichtshof die Aufhebung von al-Alusis parlamentarischer Immunität für null und nichtig erklärte, weil gemäß der neuen irakischen Verfassung jeder Iraker Reisefreiheit genieße. Warum diese Geschichte ein weiteres gutes Zeichen dafür ist, dass der Irak sich zu einem rechtsstaatlichen, demokratischen Modellfall in der arabischen Welt entwickeln könnte, erläutert Thomas L. Friedman in der New York Times.

Wer ist schuld am Terror in Mubai?

Sunday, November 30th, 2008

Die Feuer im Taj-Mahal-Hotel in Mumbai sind kaum gelöscht und noch immer scheint nicht festzustehen, wie viele Menschen diesmal von islamistischen Terroristen getötet wurden. Das hindert die westliche Journaille jedoch nicht daran, erneut eines ihrer Glanzstücke zu vollführen: zu erklären, warum die Mörder die eigentlichen Opfer, die Ermordeten hingegen die wahren Schuldigen sind. Vorhang auf für eines der obszönsten Schauspiele, das die wundersame Medienwelt zu bieten hat.

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Syrische Propaganda im ORF

Friday, November 14th, 2008

Journalisten verstehen sich selbst in der Regel gerne als kritische Geister, deren Aufgabe es ist, im Interesse der Öffentlichkeit hinter die Kulissen der Macht zu blicken und den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Wird etwa ein österreichischer Journalist von ausländischen Medien über politische Vorgänge hierzulande interviewt, so sieht er es nicht als seine Aufgabe an, die Verhältnisse schönzureden oder Regierungspropaganda in die Welt hinaus zu tragen. Würde man ihm unterstellen, dies zu tun, so wäre er mit Sicherheit empört und fühlte sich in seiner Berufsehre gekränkt – so zumindest in Ländern, in denen Meinungsfreiheit herrscht und unabhängige Medien erscheinen können, ohne staatlicher Zensur unterworfen zu sein. Nur selten kommt ihnen der Gedanke, dass die Situation in Diktaturen etwas anders aussieht. So kommt es dazu, dass im Ö1-Mittagsjournal ein syrischer Journalist interviewt wird und astreine Regierungspropaganda zum Besten geben kann, ohne dass den kritischen Geistern im ORF auch nur leise Zweifel kommen.

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