Nachrichten von vorgestern

April 22nd, 2010

Das ist doch einmal eine Meldung: “Die Palästinenserführer haben vor wenigen Tagen einstimmig beschlossen, an einer Friedenskonferenz mit dem bisherigen Erzfeind Israel teilzunehmen (…). Allerdings wurde diese Entscheidung noch nicht veröffentlicht, weil die Masse der Palästinenser erst psychologisch auf die Anerkennung jenes Staates vorbereitet werden muss, dessen Zerstörung sie (…) geschworen haben. Ein Palästinenserführer sagte (…), nach einer sorgfältigen Analyse der regionalen und internationalen Situation sei man zu der Schlußfolgerung gelangt, daß es im höheren Interesse des palästinensischen Volkes erforderlich sei, einen Kompromiß zu akzeptieren.” Das klingt nicht schlecht, hat aber leider einen Haken: Die Meldung stammt vom 8. November 1973. Was in den 37 Jahren geschehen ist, die seither vergangen sind? Erstens: Die zitierte Arbeiterzeitung, einstmals stolzes Parteiorgan einer mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokratie, gibt es längst nicht mehr. Zweitens: Die sorgfältige Analyse der regionalen und internationalen Situation hat dazu geführt, dass die Führung der Palästinenser, erst recht seit dem Amtsantritt der Obama-Administration, keinerlei Notwendigkeit sieht, im Sinne einer Friedensregelung Kompromisse zu schließen und sich deshalb wieder weigert, mit Israel auch nur zu verhandeln. Drittens: Die “Masse der Palästinenser” ist nach 17 Jahren “Friedensprozess” psychologisch auf die Anerkennung des jüdischen Staates genauso wenig vorbereitet wie anno dazumal.

Eine Synagoge am Tempelberg? (3)

March 18th, 2010

Wieder einmal keine Preisfrage: Was sagt eine palästinensische “Menschenrechtsorganisation” über die Einweihung der 1948 von der jordanischen Armee zerstörten und nun restaurierten Hurva-Synagoge in der Altstadt von Jerusalem? Sie haben es vermutlich geahnt: Die Wiedereröffnung der Synagoge “is considered a form of settlement activity, and thus constitutes a war crime under international humanitarian law.” So ist das mit dem internationalen Recht, mit dessen Hilfe der Krieg gegen Israel betrieben wird: Ein 20jähriger Palästinenser, der im Libanon geboren wurde und nie woanders gelebt hat, hat ein “unveräußerliches Recht auf Rückkehr”, etwa nach Jaffa, weil seine Großeltern dort einmal gewohnt haben; die Restauration einer Synagoge im jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt ist hingegen ein Kriegsverbrechen.

Eine Synagoge am Tempelberg? (2)

March 18th, 2010

Im Unterschied zum ORF weiß der Spiegel, wo die Hurva-Synagoge ist und berichtet über die Krawalle in Jerusalem: “Dutzende Palästinenser bewarfen die Sicherheitskräfte in mehreren Vierteln mit Steinen und setzten Reifen und Mülleimer in Brand. Die Polizei reagierte Augenzeugen zufolge mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen.” Weil die Nachricht, dass die Polizei gegen palästinensische Randalierer vorgegangen ist, aber nicht dramatisch genug ist, lässt man mit Mustafa Barghouthi einen Politiker zu Wort kommen, der die palästinensische Propaganda selbst dann noch herunterleiern könnte, wenn man ihn mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf wecken würde. Und das hört sich dann so an:

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Eine Synagoge am Tempelberg?

March 17th, 2010

Es ist immer wieder unglaublich, wie jenseitig die mediale Berichterstattung ist, sobald es um Israel geht. Das Problem dabei ist nicht nur, dass die präsentierten Nachrichten politisch tendenziös sind – was oft genug der Fall ist -, sondern dass Menschen, die für sich die Berufsbezeichnung “Journalist” beanspruchen, oftmals nicht einmal in der Lage sind, die banalen Fakten zu recherchieren, die Gegenstand ihrer Beiträge sind. Als aktuelles Beispiel können die gestrigen ORF-Nachrichtensendungen dienen.

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Mit keinem Wort viel erklärt

March 6th, 2010

Im Standard berichtet Sebastian Borger über den Auftritt des britischen Premierministers, Gordon Brown, vor dem Irak-Untersuchungsausschuss in London. Wenige Wochen zuvor musste sich bereits Browns Amtsvorgänger, Tony Blair, den Fragen der Kommissionsmitglieder stellen. Borger schreibt über den Unterschied zwischen den beiden Labour-Politikern: “(D)er 59-Jährige (begann) seine Anhörung mit Sätzen des Bedauerns über den Tod von 179 britischen Soldaten und zehntausenden irakischen Zivilisten. Hingegen hatte Blair bei seiner Aussage Ende Jänner mit keinem Wort darauf Bezug genommen.” Ich kann nicht beurteilen, ob Borger lügt, d. h. bewusst die Unwahrheit sagt, oder einfach nur ein unfähiger Journalist ist. Fest steht jedenfalls, dass Blair während seiner Anhörung sehr wohl auf die vielen ermordeten Iraker Bezug nahm. Die relevante Passage beginnt auf Seite 215 des Protokolls (bzw. nach 147 Minuten der Videoaufzeichnung der Nachmittagssitzung) und war eine der interessantesten der ganzen Befragung.

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Staatliche Mengenlehre notorischer Nervensägen

March 2nd, 2010

“Wenn es um Analysen des Nahen Ostens geht, leben wir in einem Zeitalter der Idiotie”, beklagte sich unlängst Barry Rubin. Er, der die mediale Berichterstattung über diese Region seit über dreißig Jahren verfolgt, habe noch nie so viel Nonsens gelesen, wie im vergangenen Monat: “The problem arises from ignorance, lack of understanding of the region by those presented as experts; plus arrogance, treating the region and the lives of people as a game (Hey, let’s try this and see what happens!), fostered by the failure of such control mechanisms as a balanced debate and editing that rejects simplistic bias or stupidity; as well as a simple lack of logic.” Wer das für ein zu hartes Urteil hält, der sollte einmal einen Blick ins dieswöchige profil werfen und sich den Artikel “Es war einmal die Zweistaatenidee” zu Gemüte führen.

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Wie gut, dass es keinen Antisemitismus gibt

January 25th, 2010

“99% der Israelis haben noch nie persönliche Erfahrung mit dem Antisemitismus gemacht”, sagt Yoav Shamir. Keine Besprechung  seines Filmes “Defamation” kommt ohne diese Weisheit aus. Und das, obwohl der Satz offenkundiger Unsinn ist. Darauf überhaupt hinweisen zu müssen, macht deutlich, auf welch unterirdischem Niveau die Diskussionen über Antisemitismus, Israel und den Nahen Osten in Europa geführt werden.

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Relativitätstheorie der Heißblütigkeit

December 23rd, 2009

Der Wettstreit zwischen Christentum und Islam ist, dem aktuellen Spiegel zufolge, eine der zentralen Fragen unseres Jahrhunderts. “Dass dieser globale Wettstreit vor allem von den Heißblütigen beider Religionen ausgetragen wird, macht ihn auch gefährlich. Es waren überzeugte Wahhabiten, welche ihre gekaperten Flugzeuge in die Türme des World Trade Center steuerten, es sind Pastoren fundamentalistischer US-Kirchen, die inzwischen häufig vom ‘Islamofaschismus’ sprechen.” Nun ließe sich trefflich darüber streiten, ob der Begriff “Islamofaschismus”, der übrigens keineswegs nur von fundamentalistischen Pastoren verwendet wird, ein glücklich gewählter ist, ob er zur Bezeichnung des Phänomens taugt oder ob damit nicht doch eher falsche Analogien bemüht werden. Man sollte allerdings nicht übersehen, was hier ganz einfach gleichgesetzt wird: Die einen Heißblütigen massakrieren einige tausend Menschen, die anderen nennen solche Massenmörder islamische Faschisten – und für den Spiegel ist beides offenbar gleichermaßen gefährlich. Dieser moralische Relativismus schimpft sich wohl “journalistische Ausgewogenheit”.

Ein seltsames “Geschenk”

December 22nd, 2009

Das profil bietet diese Woche mit dem Sonderheft “Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts” einen Rückblick auf die Jahre 2000 bis 2009. Dass darin auch ein gewisser Jassir Arafat Erwähnung findet, ist an sich nicht überraschend; was über ihn zu lesen ist, hingegen schon: “Beim Nahostgipfel in Camp David im Jahr 2000 scheiterte sein letzter Versuch, seinem Volk einen Staat zu schenken.” Es bedarf schon eines gehörigen Maßes an Ignoranz bzw. Geschichtsklitterung, um das Scheitern der unter der Schirmherrschaft Bill Clintons geführten Verhandlungen zwischen Arafat und dem damaligen israelischen Premier, Ehud Barak, so zu charakterisieren. Denn immerhin bestand Arafats “letzter Versuch, seinem Volk einen Staat zu schenken” darin, alle Angebote zur Schaffung eines solchen palästinensischen Staates abzulehnen. Nach zwei Wochen ergebnisloser Gespräche in Camp David hatte schließlich auch Clinton die Nase voll. Dennis Ross, von 1988 bis 2000 US-Chefunterhändler für den Nahostfriedensprozess, berichtet: “(T)he president did blow up, at one point yelling that Arafat had ‘been here fourteen days and said no to everything.'” Anstatt Frieden zu schließen und Präsident eines palästinensischen Staates zu werden, startete Arafat den als “zweite Intifada” bekannt gewordenen Terrorkrieg gegen Israel. Der völlige Zusammenbruch des Oslo-Friedensprozesses war das letzte in einer Reihe desaströser “Geschenke”, die Arafat im Laufe seines Lebens den Palästinensern gemacht hat.

“Mit ihnen oder mit uns?”

November 5th, 2009

Im Standard schreibt Gudrun Harrer über die iranische Opposition, die den gestrigen Jahrestag der Besetzung der amerikanischen Botschaft im Jahre 1979 genutzt hat, um die zu diesem Datum üblichen antiamerikanischen Aufmärsche in Protestmärsche gegen die Mullahs und ihre Handlanger umzufunktionieren. Anstatt “Tod Amerika” zu brüllen, war diesmal “Tod dem Diktator” zu hören. Was Harrer verschweigt, obwohl es im beigefügten Video deutlich zu hören ist, ist eine andere der skandierten Parolen: “Obama, Obama, entweder bis Du mit ihnen oder mit uns!” Die New York Times erklärt, was damit gemeint ist: Die Demonstranten zeigten ihre “impatience with President Obama’s policy of dialogue with the Iranian government.”

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