Archive for September, 2011

Bassena-Psychologie

Thursday, September 29th, 2011

Hätte ich es nicht selbst gesehen, ich würde es für einen dummen Witz halten. In der gestrigen ZiB 2 wurde wieder einmal Karin Kneissl zum Thema Nahostkonflikt interviewt (zu ihrer Art von Expertise sehen Sie auch hier), und hatte folgende, unschlagbare Analyse beizusteuern: Ministerpräsident Netanjahu “möchte zeigen, dass er ein starker, wichtiger, mächtiger Politiker ist, weil er Jahrzehnte lang gelitten hat unter dem Schatten seines Bruders, der bei einer Befreiungsaktion einer israelischen Maschine ums Leben gekommen ist, und sozusagen dieser Über-Bruder hat in gewisser Weise auch sein Leben überschattet: Er war der Favorit seines Vaters.” Die gesamte Karriere Benjamin Netanjahus also, vom Mitglied einer Antiterror-Spezialeinheit über die Posten des israelischen Vertreters bei den Vereinten Nationen, des israelischen Finanz- sowie Außenministers bis hin zum zweimaligen Regierungschef – alles nur Kompensationsleistungen dafür, dass er nicht Papas Liebster war. Demnächst werden wir vermutlich noch erfahren, dass er als Rebellion gegen seine dominante Mutter heimlich im Stehen pinkelt und deshalb an einen baldigen Frieden in der Region leider nicht zu denken ist. Oder aber, dass Karin Kneissl zu viel unbearbeitetes Jordanwasser getrunken hat – das würde, ganz im Gegensatz zu der von ihr bemühten Bassena-Psychologie, vielleicht wirklich etwas erklären.

Wenig Begeisterung für eine Hauptstadt Ostjerusalem

Wednesday, September 28th, 2011

Seit Mahmud Abbas, für eine Periode von vier Jahren demokratisch gewählter Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) im mittlerweile sechsten Jahr seiner Amtszeit, vergangenen Freitag den Antrag auf Anerkennung eines palästinensischen Staates als 194. Vollmitglied der Vereinten Nationen in New York einbrachte, steht der israelisch-palästinensische Konflikt wieder einmal im Mittelpunkt des Medieninteresses. In unzähligen Artikeln und Kommentaren wurden seitdem Für und Wider des palästinensischen Ansinnens erörtert: Wenn schon auf dem Verhandlungsweg mit Israel ein palästinensischer Staat mit der Hauptstadt Ostjerusalem nicht zu erreichen scheint, könnte dann der Umweg über die UNO Bewegung in die festgefahrene Lage bringen? Nur ein kleines Detail ging in der Flut an Medienberichten unter: Wie jüngste Meinungsumfragen ergeben haben, sind die arabischen Bewohner Ostjerusalems alles andere als begeistert von der Vorstellung, dereinst vielleicht in der Hauptstadt eines palästinensischen Staates leben zu müssen.

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“Der Friedenskämpfer” Issam Sartawi: Verzerrungen mit Methode

Tuesday, September 20th, 2011

Im Wiener Picus-Verlag ist dieser Tage eine Biographie des palästinensischen Politikers und ehemaligen Kreisky-Vertrauten Issam Sartawi erschienen. Bei der Autorin des Buches („Der Friedenskämpfer. Arafats geheimer Gesandter Issam Sartawi“) handelt es sich um die profil-Journalistin Tessa Szyszkowitz, die u. a. mehrere Jahre als Korrespondentin in Jerusalem tätig war. So interessant ihre Rekonstruktion von Sartawis Bemühungen um eine internationale Anerkennung der PLO passagenweise ist, so wenig substanziell Neues ist über den 1983 von einem Killer der Abu Nidal Organisation erschossenen Sartawi zu erfahren. Dafür ermöglicht das Buch einen Einblick in Szyszkowitz‘ Sichtweise des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern, und das ist insofern aufschlussreich, als deren Auslassungen und Verzerrungen erahnen lassen, warum eine Zeitschrift wie profil so über den Nahostkonflikt berichtet, wie sie es eben tut.

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