Alle Jahre wieder: 9/11 im ORF

Wieder einmal jähren sich die Anschläge vom 11. September 2001, und wieder einmal hat der ORF eine ganz eigene Art, der Opfer des größten Terroranschlages der Geschichte zu gedenken. Zur Erinnerung: Schon vor zwei Jahren hatte der staatliche Fernsehsender mit der Ausstrahlung von “9/11 Mysteries – Die Zerstörung des World Trade Centers” die Herzen aller verschwörungstheoretischen Knallköpfe höher schlagen lassen. Dieses “Niveau” wollte er anscheinend auf keinen Fall unterschreiten: “9/11 – Was steckt wirklich dahinter?” lautete also der Titel der diesjährigen “Dokumentation”, die, wie könnte es auch anders sein, “zu verblüffenden neuen Thesen und Erkenntnissen (kommt), die die damaligen Ereignisse plötzlich in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.”

Was ist also im Lichte dieser neuen “Erkenntnisse” am 11. September geschehen? Ich versuche, den ganzen Unfug kurz zusammenzufassen: Mohammed Atta und die anderen Hijacker waren gar keine Islamisten und konnten gar keine Flugzeuge steuern, was allerdings nicht weiter problematisch war, weil sie die Maschinen, die in die Zwillingstürme rasten, ohnehin nie geboarded haben. Wer die Flugzeuge gesteuert haben soll, wenn es nicht Atta und Konsorten waren, bleibt noch offen, aber ein bisschen Stoff muss ja noch für die nächstjährige “Dokumentation” übrig bleiben, die sicher wieder mit atemberaubenden “Erkenntnissen” aufwarten wird können. (Immerhin wird im Falle des World Trade Centers nicht bestritten, dass es von Flugzeugen getroffen wurde – beim Pentagon gab es hingegen gar kein Flugzeug, das Teile des Gebäudes in Schutt und Asche legte.) Die Twin Towers sind natürlich nicht wegen der Einschläge der Maschinen und der anschließenden Brände in sich zusammengestürzt, sondern wurden mit Explosionsladungen militärischer Provenienz gezielt in die Luft gejagt…

Und so ging es dahin, über eineinhalb Stunden lang: Eine abstruse “Theorie” nach der anderen, untermauert durch Statements so großer “Experten” wie Gore Vidal oder Jürgen Elsässer. Die einzige wirkliche Erkenntnis, zu der man durch den Film gelangen konnte, ist, dass man es bei Dario Fo wieder einmal mit einem Literaturnobelpreisträger zu tun hat, der offenkundig nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.

Laut § 2 des Rundfunkgesetzes gehört zu den Aufgaben des ORF die “Darbietung von einwandfreier Unterhaltung”. Wahrscheinlich gibt es wirklich Menschen, die derartige Grütze unterhaltsam finden, von “einwandfrei” kann allerdings beim besten Willen keine Rede sein. Um es nicht allzu vulgär auszudrücken: Der ORF hat es rund um 9/11 mit der Ausstrahlung dieser “Dokumentation” wieder einmal geschafft, bei mir Retroperistaltik auszuslösen, in medizinischen Termini also: “die natürlich ablaufende Vorwärtsbewegung des Speisebreis durch die Speiseröhrenmuskulatur in den Magen kehrt sich um in die entgegengesetzte Richtung.”

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