Nichthandeln in Afghanistan

September 9th, 2009

Normalerweise ist sie keine Frau der lauten Töne, aber seit es nach einem von der Bundewehr in Afghanistan angeordneten Luftschlag wegen möglicher ziviler Opfer Kritik hagelt, ist es vorbei mit der noblen Zurückhaltung. “Merkel rügt kritische Nato-Partner”, berichtet der Standard über die Regierungserklärung zum Afghanistaneinsatz, die die Kanzlerin gestern vor dem deutschen Bundestag abgab. An die Kritiker gerichtet verkündete Merkel: “Wir werden Vorverurteilungen nicht akzeptieren. Ich verbitte mir das – von wem auch immer, im Inland und im Ausland.” Zwei Dinge sind daran auffällig.

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Alle Jahre wieder: 9/11 im ORF

September 7th, 2009

Wieder einmal jähren sich die Anschläge vom 11. September 2001, und wieder einmal hat der ORF eine ganz eigene Art, der Opfer des größten Terroranschlages der Geschichte zu gedenken. Zur Erinnerung: Schon vor zwei Jahren hatte der staatliche Fernsehsender mit der Ausstrahlung von “9/11 Mysteries – Die Zerstörung des World Trade Centers” die Herzen aller verschwörungstheoretischen Knallköpfe höher schlagen lassen. Dieses “Niveau” wollte er anscheinend auf keinen Fall unterschreiten: “9/11 – Was steckt wirklich dahinter?” lautete also der Titel der diesjährigen “Dokumentation”, die, wie könnte es auch anders sein, “zu verblüffenden neuen Thesen und Erkenntnissen (kommt), die die damaligen Ereignisse plötzlich in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.”

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Eine “Siedlung” namens Jerusalem

July 21st, 2009

“Jerusalem will remain the capital of Israel, and it must remain undivided.” Vom wem stammt dieser Satz aus dem Jahr 2008? Etwa vom “ultranationalistischen” israelischen Außenminister Avigdor Lieberman? Oder vom “Hardliner” Benjamin Netanyahu? Weit gefehlt, denn diese Worte sprach Barack Obama, der gleiche Obama, der es Juden jetzt verbieten will, in Jerusalem Häuser zu bauen. (Natürlich wäre es nicht Obama, wenn er zum Thema Jerusalem im Laufe der Zeit nicht mehrere einander widersprechende Aussagen getätigt hätte, aber das nur nebenbei.) Wieder einmal findet der amerikanische Präsident, der die Niederschlagung der iranischen Opposition als “innere Angelegenheit” des Iran betrachtet und sich nicht einmischen will, nichts dabei, sich in die Angelegenheiten eines verbündeten Staates einzumischen. Premier Netanyahus Antwort konnte klarer nicht sein. Die Jerusalem Post berichtet: “The prime minister said that just as there would be an international outcry if Jews were prohibited from buying property in New York, London, Paris or Rome, so too Jews should not be prohibited from buying property in Jerusalem.”

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Atomares Wettrüsten

July 17th, 2009

Im gestrigen Standard widmete sich Gudrun Harrer wieder einmal dem iranischen Atomwaffenprogramm. Sie stellte dabei die Frage, ob die nuklearen Ambitionen des Regimes zu einem Rüstungswettlauf im Nahen Osten führen werden, und antwortete: “Es ist bereits Teil eines Ringens um Hegemonie – mit Israel. Um den Iran abzuschrecken, könnte Israel sich selbst als Atomwaffenstaat deklarieren, das würde wiederum die arabischen Länder innenpolitisch unter Druck setzen. Und diese fürchten ebenfalls eine mögliche iranische Atombewaffnung”.  In die gleiche Kerbe schlug das profil kurz vor den iranischen Präsidentschaftswahlen mit der Behauptung: “Selbst wenn der Iran die Bombe bauen wollte, wäre das nicht unverständlich.” Umgeben von Staaten, die über Atomwaffen verfügen, könnte das Regime nämlich fragen: “Warum sollte die Logik der gegenseitigen atomaren Abschreckung mit dem Ende des Kalten Kriegs ihre Gültigkeit verloren haben”? In beiden Beispielen wird die Mär aufgewärmt, das iranische Streben nach der Bombe habe etwas damit zu tun, dass u. a. Israel bereits über die ultimative Waffe verfüge, und wäre damit nur Ausdruck eines nachvollziehbaren Sicherheitsbedürfnisses.

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Barack Carter und Jimmy Obama in Teheran

July 14th, 2009

Mehr als ein halbes Jahr ist vergangen, seit Barack Obama seinen Amtseid abgelegt hat, und schön langsam kann man versuchen, sich jenseits all seiner “historischen Reden” (darunter macht er’s nicht) ein Bild von der Politik des 44. US-Präsidenten zu machen. Auf außenpolitischem Gebiet drängt sich dabei nicht nur Arthur Herman der Vergleich mit Nummer 39 auf, einem gewissen Jimmy Carter. Auch der wurde nämlich zu einer Zeit ins Amt gewählt, als das Image der Vereinigten Staaten weltweit als einigermaßen ramponiert galt, und von ihm könnte auch das Skript stammen, an das Obama sich bislang zu halten scheint: Die Sympathien der Welt könnten demnach nur mittels einer Politik zurückgewonnen werden, die die Feinde der USA und des Westens umgarnt, während sie gleichzeitig verbündete Staaten vor den Kopf stößt.

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Obamas 180er

July 1st, 2009

Wenn Russ Bray, der wohl bekannteste Schiedsrichter der Professional Darts Corporation,  mit seiner unverkennbar rauchigen Stimme “180!” ins Mikrofon brüllt, dann haben Fans des gepflegten Pfeilwurfspiels eine Spitzenleistung zu bejubeln: Drei Treffer ins Triplezwanzigfeld sind das Maximum, das mit drei Darts erreichbar ist. Auch in der Politik kennt man das Phänomen der 180er, doch anders als im Sport werden damit nur in Ausnahmefällen Topleistungen bezeichnet.

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Der ganz normale Irrsinn

June 8th, 2009

Wieder einmal keine Preisfrage: Wie lautet die Schlagzeile im Standard, wenn, wie heute früh geschehen, Palästinenser aus dem Gazastreifen einen israelischen Grenzposten mit Schusswaffen und Granaten attackieren und dabei einige der Angreifer in einem klaren Akt der Selbstverteidigung von der israelischen Armee erschossen werden? Lautet sie etwa: “Israelische Armee verhindert Terrorangriff aus dem Gazastreifen”? Aber nein, ich habe bloß gescherzt. Sie lautet  natürlich: “Fünf Palästinenser von israelischen Soldaten getötet“. So viel Ausgewogenheit muss schon sein.

Auftakt zur Strandsaison

May 8th, 2009

Aus Anlass des 100. Geburtstages von Tel Aviv gibt es diesen Sommer am Wiener Donaukanal einen Tel Aviv Beach. Da konnte es natürlich nicht ausbleiben, dass den österreichischen Hamas-Freunden die Zornesröte ins Gesicht steigt. Daher haben sie beschlossen, am gegenüberliegenden Kanalufer eine Gegenveranstaltung zu organisieren: Sie wollen einen Gaza-Beach-LKW aufstellen. Auf einer der einschlägigen Webseiten ist zu lesen: “Dort geht es freilich nicht so vergnüglich zu: Stacheldraht, Absperrungen, militärische Angriffe, Nahrungsmittel- und Energiemangel – kurz Gaza Beach ist ein Freiluftgefängnis. Ganz so wie im wirklichen Leben.”

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Gut, dass wir verglichen haben

May 7th, 2009

Manchmal stößt man auf Formulierungen, bei denen man sich vor Verwunderung nur die Augen reiben kann. Der Standard bot gestern so ein Beispiel. In einem Artikel über die kroatische Insel Goli Otok, auf der nach dem zweiten Weltkrieg politische Gefangene und später auch Kriminelle inhaftiert waren, ist doch tatsächlich der folgende Satz aus dem Munde eines Ex-Insassen zu lesen: “Es war kein Vernichtungslager, aber in puncto Menschenrechte war es schlimmer als Auschwitz.”

Give me a break!

April 14th, 2009

Seit der neue Mann im Weißen Haus die Macht übernommen hat, befinden sich große Teile der medialen Öffentlichkeit in einem Zustand, der irgendwo zwischen Heldenverehrung und Selbstinfantilisierung angesiedelt ist. Getreu dem alten Lied “Der Papa wird’s schon richten” brechen Jubel und Begeisterung aus, sobald Barack Obama (zu welchem Thema auch immer) das Wort ergreift und seine weitgehend nichts sagenden Plattitüden vom Stapel lässt. Jüngstes Beispiel: Nach mehreren Tagen wurde der amerikanische Kapitän der “Maersk Atlanta” aus den Händen somalischer Piraten befreit. Und wie das Amen in der Kirche folgt darauf die mediale Seligsprechung: “Piraten-Geisel macht Obama zum Helden”, titelt etwa der Standard. Der Präsident habe seine “erste Bewährungsprobe” bestanden, sei “unmittelbar in den Showdown einbezogen” gewesen und habe letztlich die “riskante Kommandoaktion” zu Befreiung der Geisel gebilligt. Bei so viel Heldenmut kann man schon ins Schwärmen geraten: “Nun gibt es kaum einen Kommentator in Washington, der den Präsidenten nicht lobt für seine bestandene Prüfung in Sachen Krisenmanagement.”

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